Entsetzen und Fassungslosigkeit spiegeln das Stimmungsbild am Lehrstuhl 1 im Fachbereich Informatik der RWTH wider.
Dort war der 33-jährige Wissenschaftler Thomas F. bis 30. September 2007 beschäftigt, bevor er am 28. Dezember in Anwesenheit seiner chinesischen Lebensgefährtin (31) deren Freundin vor einen einrollenden Zug gestoßen haben soll. Auch bei dem Opfer handelt es sich um eine Chinesin, 38 Jahre alt, wohnhaft im Harz. In Aachen war sie nur zu Besuch.
Informatiker Thomas F. hatte die RWTH nach Auslauf seines Vertrages verlassen. Dennoch zeigt die Hiobsbotschaft an seiner alten Arbeitsstätte große Wirkung.
«Ich kann es nicht glauben, und ich kann wirklich nichts Nachteiliges über den früheren Mitarbeiter sagen», betonte gestern sein Ex-Chef Professor Dr. Berthold Vöcking gegenüber unserer Zeitung. Vor drei Jahren war er gemeinsam mit F. von Dortmund an die TH gewechselt. Die ganze Geschichte sei für ihn «unvorstellbar».
Letzteres gilt auch für eine ehemalige Kollegin, die Thomas F. als «total nett, freundlich, zuweilen humorvoll, wenn auch etwas verschlossen» in Erinnerung hat. «Vielleicht hat er im Affekt nur eine unbedachte Handbewegung gemacht», hofft die wissenschaftliche Mitarbeiterin. «Aber Mord aus Heimtücke traut ihm wohl niemand zu, der ihn kannte.»
Exakt das aber wirft die Staatsanwaltschaft Aachen dem Untersuchungshäftling weiterhin vor. Auch nach Aussage von zwei neuen Zeugen, die sich inzwischen bei den Ermittlungsbehörden gemeldet haben, sieht sich Behördensprecher Robert Deller bestätigt: «Nach deren Schilderung und nach der Aussage der Lebensgefährtin des Mannes sehe ich keine Veranlassung, von dem von uns eingeschlagenen Weg abzuweichen.»
Will heißen: Der Tatverdacht der Heimtücke, mutmaßlich dem ausgewerteten Videoband der Bahnsteigkamera zu entnehmen, scheint sich erhärtet zu haben. Dem Vernehmen nach handelt es sich um eine Beziehungstat - was die Staatsanwaltschaft derzeit jedoch aus ermittlungstaktischen Gründen nicht bestätigt.
Der Verdächtige, der die chinesische Sprache lernte und nahe dem Westbahnhof mit seiner Freundin wohnte, hatte sich nach dem tödlichen Vorfall am 28. Dezember vom Tatort entfernt und sich später gestellt. In seiner Vernehmung erklärte er, es habe sich um einen Unfall gehandelt. |